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09.08.2023 | Interview

„Gebäudeenergiegesetz: Wie heizen wir nachhaltig und effizient in der Zukunft?“

Svenja Prediger, Energieeffizienzexpertin der WPM-Ingenieure GmbH

Klimafreundliches Heizen ist aktuell ein großes Thema. Ob Immobilienbesitzer oder Unternehmen – die Wärmewende bringt Veränderungen in die Heizungskeller. Wir haben in diesem Zusammenhang mit Svenja Prediger, Energie-Effizienz-Expertin der WPM – Ingenieure GmbH, über die 2024 in Kraft tretende Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gesprochen*.

Frau Prediger, was ist das Gebäudeenergiegesetz denn überhaupt? Und warum sorgt es aktuell für großen Wirbel?

Svenja Prediger: Das Gesetz an sich gibt es ja schon länger, angefangen mit der 1. WärmeSchutzVO im Jahr 1977. Diese Verordnung wurde mit den Jahren immer weiterentwickelt, auch auf die politischen Ziele der Regierung hin. Im Jahr 2020 trat dann das „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“ – kurz Gebäudeenergiegesetz – als solches in Kraft, in dem das Energieeinspargesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengefasst wurde. 2023 trat dann die erste Neufassung, das sog. GEG 2023, in Kraft, dessen Neuerungen vor allem auf Neubauten abzielen. Aktuell befindet sich das GEG erneut in der Überarbeitung, was mit erheblichen Änderungen einhergehen wird – insbesondere was die Heizanlagentechnik von Neubauten und Bestandsgebäuden betrifft. Hier erwartet uns 2024 ein deutlicher Schritt in Richtung erneuerbare Energien.

Wärmepumpen, insbesondere in Kombination mit Photovoltaikanlagen, sind eine nachhaltige Alternative für Erdgas oder Öl.

Wie wirkt sich die Gesetzesänderung auf Bestandsgebäude aus? Müssen sich alle Immobilienbesitzer demnächst von ihrer alten Heizung verabschieden?

Svenja Prediger: Nein, generell muss nicht jede Anlage ausgetauscht werden. Grundsätzlich dürfen Heizungsanlagen bis zu 30 Jahre betrieben werden. Wer unsicher ist, was bei der eigenen Heizung Stand der Dinge ist, kann sich zunächst beim Schornsteinfeger erkundigen. Der Schornsteinfeger kommt sowieso einmal im Jahr, um sich die Heizung anzuschauen. Er kennt den Wirkungsgrad und die Abgaswerte der Anlage sowie deren grundlegenden Daten und kann Auskunft darüber geben, ab wann die Austauschpflicht besteht. Ab 2024 dürfen Gasheizung zwar weiterhin eingebaut werden, müssen aber mit erneuerbaren Energien ergänzt werden, die mindestens 65 % des Kernbedarfs decken. Das heißt, es muss zum Beispiel eine Hybridheizung wie Gas mit Wärmepumpe eingebunden werden. Oder es wird eine Solarthermie ergänzt, welche die Heizung bei der Warmwasser- und Heizwasserbereitung unterstützt.

Die neuen Vorgaben sollten ursprünglich für alle Gebäude ab Januar 2024 greifen. Als Ergebnis der Koalitionsverhandlungen der Regierungsparteien zum Thema Wärmewende Mitte Juni 2023 ist allerdings eine deutliche Entschärfung des Gesetzes geplant. So sollen die Vorgaben des Gesetzesentwurfs aus dem April 2023 vorerst nur noch für Neubauten gelten. Für Heizungen im Gebäudebestand wurde eine Kopplung mit dem geplanten Gesetz für die kommunale Wärmeplanung vereinbart. Demnach sollen Kommunen zuerst eine klimaneutrale Wärmeversorgung aufbauen und entsprechende Wärmepläne vorlegen – Großstädte bis Ende 2026, kleinere Städte und Landkreise bis Ende 2028. Solange dies nicht der Fall ist, würden die Vorgaben für neue Heizungen nicht für den Gebäudebestand gelten. Hinzu kämen zahlreiche Ausnahmen und teils lange Fristen für die klimaneutrale Umrüstung. Generell liegt zu den Ergebnissen der Koaltionsgespräche noch kein Gesetzesentwurf vor, sodass abzuwarten bleibt, welche der vorgenommenen Änderungen in welcher Form tatsächlich Einzug in das Gesetzesverfahren nehmen werden.

Förderung für nachhaltiges Heizen ab 2024:

  • Grundförderung in Form von Zuschüssen: 30%
  • Klimaboni als Ergänzung zur Grundförderung: 10 % bis 20 %
  • Förderkredite mit Tilgungszuschuss
  • Steuerliche Abschreibung über den Steuerbonus

Weitere Maßnahmen, die förderfähig sind:

  • Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle
  • Anlagentechnik (außer Heizung)
  • Anlagen zur Wärmeerzeugung (Heizungstechnik)
  • Heizungsoptimierung
  • Fachplanung und Baubegleitung, bspw. durch einen Energieberater

Weitere Infos zur Bundesförderung für effiziente Gebäude unter www.bafa.de

Gilt das auch für Ölheizungen?

Svenja Prediger: Bei Ölheizungen ist die Vorgehensweise noch nicht abschließend geklärt. Viele gehen davon aus, dass der Einbau von Ölheizungen ab 2024 komplett verboten wird, andere wiederum rechnen mit der Weiternutzung als Hybridheizung.

Und welche Anforderungen kommen mit dem neuen GEG ab 2024 beim Neubau auf einen Hauseigentümer zu?

Svenja Prediger: Beim Neubau sind die Anforderungen – unter anderem durch die KFW-Förderung – schon seit längerem verschärft worden. Daher findet man heute im Neubau einen hohen Anteil von Wärmepumpen, sei es die Luftwasser-Wärmepumpe oder die aufwändigere, aber effizientere Erdwärmepumpe.

Inwiefern sind Unternehmen von dem neuen Gesetz betroffen?

Svenja Prediger: Die Gesetzesänderung ist auch für Unternehmen relevant. Und das GEG ist mit erheblichen Investitionen verbunden. Hinzu kommt, dass ab 2024 das Energiemonitoring umgesetzt werden soll. Ab dann muss jeder den eigenen Verbrauch sowie die eigenen Wärmemengen stündlich messen – natürlich mit speziellen Instrumenten, die auch erstmal bezahlt und eingebaut werden müssen. Gerade bei Unternehmen kann so ein Energiemonitoring schon mit erheblichem Aufwand einhergehen.

Auf welche nachhaltigen Alternativen kann man zukünftig anstelle von Erdgas oder Öl zurückgreifen?

Svenja Prediger: Da wäre als erstes die Wärmepumpe zu nennen, wobei diese allein, insbesondere in ungedämmten Altbauten, im Winter oft nicht reicht bzw. nicht wirtschaftlich genug arbeitet. Kombiniert man sie allerdings mit einer selbstgenutzen Photovoltaikanlage, kann man sich entspannt zurücklehnen, da sie dann als zum großen Teil regenerative Energiequelle ausgesprochen zukunftssicher ist. Eine weitere mögliche Technologie ist die „H2-ready“-Gasheizung, die zunächst noch mit Gas betrieben werden kann, in absehbarer Zeit dann aber auf Wasserstoff mit Biomethangas umgestellt werden kann. Das ist allerdings noch eher Zukunftsmusik, da die Gasnetze in Deutschland bisher noch nicht entsprechend ausgelegt sind und die Herstellung von grünem Wasserstoff sehr aufwendig und kostenintensiv ist. Hier müsste Deutschland ggf. auf internationale Kooperationen zurückgreifen. Auch Pellet- beziehungsweise Biomasse-Heizungen sind eine Alternative, wobei hier die Auflagen, bspw. im Hinblick auf den CO2-Ausstoß, recht hoch sind.

Fernwärme gilt als nachhaltig, weshalb die Energie SaarLorLux auch stetig ihr Fernwärmenetz ausbaut. Ist Fernwärme im Hinblick auf das GEG als zukunftsfähige Alternative anzusehen?

Svenja Prediger: Auf jeden Fall! Neben der Wärmepumpe ist Fernwärme momentan die gängigste Alternative – vorausgesetzt ein Anschluss an das Fernwärmenetz ist möglich. Wenn dem so ist, kommen auf Eigentümer hier relativ geringe Investitions- und Betriebskosten zu, zudem ist sie ressourcenschonend und effizient.

*Dieses Interview basiert auf dem am 19.04.23 von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf sowie der von den Regierungsparteien im Juni 2023 abgestimmten Inhalten zur weiteren Beratung des Gebäudeenergiegesetzes.